[imc-presse] Stellungnahme zur aktuellen Berichterstattung über den LKA-Spitzeleinsatz des Ralf Gross'

aif aif at riseup.net
Mon Feb 3 15:41:20 CET 2014


Mit großem Interesse haben wir die Medienberichterstattung über die
Enttarnung der V-Person Ralf Gross, die sich in Zusammenhänge der
Tierbefreiungsbewegung einschleichen konnte, verfolgt. Die breite - in
der Tendenz kritische - Öffentlichkeit zu dem Thema hat uns gefreut und
wir hoffen durch die Veröffentlichung tiefgreifendere Debatten angeregt
zu haben.

Dennoch sind wir der Meinung, dass in den meisten Berichterstattungen
der eigentliche Skandal bisher leider verfehlt wurde. Nach Darstellung
des NDRs, ist der Einsatz von V-Personen sonst "ein ganz legitimes
Mittel der Informationsgewinnung" um "schwere Straftaten" aufzudecken.1 

Nur Gross? Aufforderungen zu Straftaten sollen einen Aufschrei erzeugen.
Das ist es was viele der aktuellen Berichte lenkt, denn hier wurde das
Gesetz überschritten und erst an diesem Punkt wird der Einsatz von
Spitzeln nach bürgerlichen Verständnis verwerflich. In dieser Logik wird
die Bewertung des Sachverhaltes den gesetzlichen Normen überlassen, die
an die Stelle eigenen kritischen Denkens treten sollen.

Was es aber bedeutet, wenn ein Polizeispitzel in die Privatsphären
einzelner Menschen eindringt und ob das legitim sein kann, wird nicht
hinterfragt. So eine verdeckte Nähe der Polizei ist ein widerlicher
Eingriff in das alltägliche Leben von Menschen. Würden Sie wollen, dass
die Polizeibehörden sich auch nur in einen Moment Ihres Lebens, in
vertraute Momente, in die politische Arbeit oder in Freundeskreise
einschleichen und das entstehende Vertrauen für ihre Interessen ausnutzen?

Die Konsequenz aus dem Einsatz von Ralf Gross soll, laut Politik und
Medien, lediglich eine Reformierung der Einsatzbestimmungen von V-Leuten
der Polizei sein.

Wir wollen aber keine Reformen, die es weiterhin ermöglichen ungefragt
in unser Privatleben einzudringen, wir wollen, dass die Beschäftigten
der Polizei sich aus unseren Leben heraushalten und das ohne
Kompromisse. Der Polizeiapparat ist ein Teil der herrschenden Ordnung,
er schützt nicht ein freiheitliches Leben, sondern das kapitalistische
und gewaltvolle System in dem wir leben.

Wer sagt, dass V-Personen ein legitimes Mittel zur Aufklärung
vermeintlicher Straftaten wären, sollte sich zudem bewusst machen welche
emotionalen Belastungen und Unsicherheiten bei bespitzelten Menschen in
Folge eines solchen Einsatzes aufkommen können.

Zusätzlich "können Spitzel aus Dusseligkeit etwas falsch verstehen,
Leute verwechseln und dadurch Falschmeldungen produzieren. Sie können
auch bewusst und selbstherrlich Berichte frisieren, die niemand richtig
stellen kann, weil er oder sie nie von ihnen erfährt. Spitzel können
Personen, die sie nicht leiden können, denunzieren und sich für
persönliche Abweisungen rächen."2

Auf einen Radiobeitrag von NDR Info wollen wir ebenfalls eingehen. Dort
wurde folgende Aussage getätigt: " Die Braunschweiger Gruppe bekennt
sich zwar zu Blockadeaktionen, nicht aber zu Brandstiftung, denn
Lebewesen will man nicht gefährden."

Wir distanzieren uns inhaltlich nicht von den Brandstiftungen und wollen
klar stellen, dass nach unserem Erkenntnisstand weder Huhn noch Mensch
bei solchen Aktionen zu Schaden gekommen sind. Es ist davon auszugehen,
dass dieses ein Resultat der verantwortungsvollen Durchführung oben
genannter Aktionen ist.

So steht in den Richtlinien der Animal Liberation Front (ALF), in deren
Namen sich zu zwei der Anschläge bekannt wurde,: "Alle notwendigen
Vorkehrungen müssen getroffen werden um durch Aktionen nicht Menschen
oder Tiere in Gefahr zu bringen." 3

Darüber hinaus möchten wir Stellung zu der Aussage des NDR und anderer
Medien nehmen, dass der Spitzel Ralf Gross es "uns" erst ermöglicht
habe, bestimmte Aktionen effizient durchzuführen.4
Diese Formulierung ist vielleicht etwas irreführend. Wie wir gegenüber
dem NDR schon mitteilten warGross natürlich eine Hilfe, er war nützlich,
sein Auto war nützlich, er war hilfsbereit, aber auch ohne ihn wären
bestimmte Aktionen natürlich effektiv gewesen. Er war wie jeder andere
Mensch ein Teil der Aktion, er war nicht herausragender, unverzichtbarer
Bestandteil, ohne den alle Aktionen nur ineffiziente Nebelschwaden in
der Widerstandslandschaft gewesen wären.

Für eine kritische Auseinandersetzung mit dem LKA-Spitzel Ralf Gross ist
es notwendig, die politischen Hintergründe des gesellschaftlichen
Konfliktes um Tierfabriken zu beleuchten.

Zum Schluss möchten wir an dieser Stelle noch einmalunsere
grundsätzliche Kritik an dem System der Mast- und Schlachtfabriken
betonen, die wir als Resultat und notwendigen Teil kapitalistischer
Produktionsweisen und eines herrschaftlichen Mensch-Tier-Verhältnisses
sehen. Abgeschafft werden kann dieses Übel nur durch eine grundlegende
gesellschaftliche Umwälzung. Und genau das sollen Leute wie Ralf Gross
und seine Auftraggeber_innen verhindern.

Für die Befreiung von Mensch und Tier.

Einige Aktive der Wietze/n Kampagne

Braunschweig, den 03. Februar 2014

Mehr Infos unter: antiindustryfarm.blogsport.de

1 NDR- Bericht vom 26.01.2014 /
www.ndr.de/fernsehen/sendungen/ndr_aktuell/media/ndraktuell18919.html

2 Broschüre: "Schöner leben ohne Spitzel" herrasgegeben
von der ALB S 7

3 tierrechtsbewegung.info/aktivismus/alf/

4 NDR Bericht vom 27.01.2014 /
ndr.de/regional/niedersachsen/vmann109.html



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