[imc-presse] RAV-Pressemitteilung: "Sie, Herr Vorsitzender, werden uns Anwälte auch noch einmal brauchen"_Prozessbeobachtung des Großverfahrens in der Türkei

RAV e.V. gs at rav.de
Fri Jan 4 12:08:31 CET 2013


Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,

hier folgend und im Anhang senden wir Ihnen eine Pressemitteilung vom
heutigen Tag zu dem Großverfahren gegen 46 Anwältinnen und Anwälte in der
Türkei, welches gestern fortgeführt wurde und u.a. von Mitgliedern des
Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins e.V. (RAV) beobachtet wird.

Wir bitten um Veröffentlichung in Ihren Medien und um Weiterleitung dieser
Meldung. Dafür herzlichen Dank.

Mit besten Grüßen

Sigrid v. Klinggräff
RAV-Geschäftsstelle

***

Pressemitteilung

„Sie, Herr Vorsitzender, werden uns Anwälte auch noch einmal brauchen“
Fortsetzung des Großverfahrens gegen 46 Anwältinnen und Anwälte in der
Türkei – Prozessbeobachtung durch den RAV

Am 3. Januar 2013 fand der 5. Verhandlungstag in dem Massenverfahren gegen
46 Anwältinnen und Anwälte in Silivri bei Istanbul statt. 
Anklagevorwurf ist die angebliche Mitgliedschaft der Kolleginnen und
Kollegen in der Union der Gemeinschaften Kurdistans (KCK). Dieser Vorwurf
knüpft nahezu ausschließlich an ihre anwaltlichen Tätigkeiten an. 27 der 46
angeklagten Kolleginnen und Kollegen befinden in Untersuchungshaft.
Der Strafprozess hatte am 16. Juli 2012 begonnen und wurde am 3. Januar 2013
auf den 28. März 2013 vertagt. Diese lange Verhandlungspause stellt erneut
einen massiven Verstoß gegen den Beschleunigungsgrundsatz in Haftsachen dar.

„Die lange Untersuchungshaft von nunmehr über 400 Tagen kommt einer
Vorverurteilung der angeklagten Anwältinnen und Anwälte gleich“, sagt
Rechtsanwalt Ralph Monneck, der das Verfahren für den RAV in Istanbul
zusammen mit weiteren rund 30 Vertretern europäischer Anwaltskammern und
-organisationen beobachtet.

Der Vorsitzende „beschleunigte“ das Verfahren allein dadurch, dass er die
Verteidigungsrechte einschränkte und den Verteidigern nur 5 Minuten gab,
ihre Anträge auf Haftentlassung vorzutragen. Zur Begründung der Anträge
führte die Verteidigung erneut zahlreiche massive Rechtsverstöße im
bisherigen Verfahrensverlauf auf. 
Hierzu gehören insbesondere die Unbestimmtheit der Tatvorwürfe sowie
rechtswidrig erlangte Beweismittel unter Verstoß gegen Schutzrechte von
Strafverteidigern und Strafverteidigerinnen. 

Am Ende der Hauptverhandlung beschied das Gericht in Abwesenheit der
Angeklagten und unter Ausschluss der Öffentlichkeit die Anträge der
Verteidigung und hielt die Haftbeschlüsse für 26 der Inhaftierten aufrecht
und verschonte lediglich einen der angeklagten Anwälte von der
Untersuchungshaft. 

Ein inhaltlicher Fortgang des Verfahrens konnte nicht verzeichnet werden.
Ein Ende des Prozesses ist somit weiterhin nicht absehbar.
Mit dem Satz „Sie, Herr Vorsitzender, werden uns Anwälte auch noch einmal
brauchen“ wies einer der Verteidiger darauf hin, dass das gesamte Verfahren
allein der politischen Konjunktur geschuldet ist und sich in der Türkei der
Wind schnell drehen kann.

Berlin, 4. Januar 2013


---
Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e. V.
Haus der Demokratie und Menschenrechte
Greifswalder Straße 4 | 10405 Berlin
Tel +49 (0)30 417 235 55 | Fax +49 (0)30 417 235 57
mailto:kontakt at rav.de | www.rav.de
Mo - Fr 10:00 - 16:00


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