[imc-presse] PM Verhaftung kurdischer Politiker in der Türkei

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Mon Jun 11 16:00:15 CEST 2012


*Pressemitteilung*

*Türkei: Jede/r kann der nächste sein - Der Bürgermeister der kurdischen
Metropole Van Bekir Kaya wurde verhaftet*

Wir sind empört über die Verhaftung des Oberbürgermeisters von Van Bekir
Kaya und 13 weiteren PolitikerInnen sowie die Erschiessung des 15 jährigen
Özgür Tasar mit scharfer Munition durch Polizisten bei einer Beerdigung in
Hakkari/Yüksekova.

Der Jugendliche ist das 12 Todesopfer, dass von „Sicherheitskräften“ bei
Protesten seit 2010 mit scharfer Munition oder Tränengasgranaten ermordet
wurde. Zuvor waren u.a. der Stadtrat von Van Yildirim Ayhan von der
kurdischen demokratischen Friedenspartei BDP (im Sommer 2011) und der BDP
Stadtteilvorsitzende Haci Zengin (Newroz 2012) mit Tränengasgranaten
getötet worden.

Das Sichefrheitskräfte in der Türkei offensichtlich systematisch bei
Protesten Menschen erschiessen, ist nicht hinnehmbar. Für das
internationale Schweigen und die Untätigkeit der verantwortlichen
PolitikerInnen dazu kann sich jeder Mensch mit einem Gewissen nur schämen.

Bekir Kaya ist seit langem für sein Engagement für Frieden und die
demokratische Gestaltung der Türkei bekannt. In der Metropole Van hat der
Politiker in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung und weiteren
BezirksbürgermeisterInnen eine Kommunalpolitik, die an den Interessen der
Menschen und den regionalen Begebenheiten orientiert ist, umgesetzt.

Bei den neben Bekir Kaya inhaftierten handelt es sich u.a. um den
Bürgermeister von Van Özalp, Murat Durmaz, den Anwalt und BDP Vorsitzenden
von Van, Cüneyt Canis, den ehemaligen Bürgermeister von Van Baskale, Ihsan
Güler, den ehem. Kreisvorsitzenden von Baskale Derviş Polat, den
Bürgermeister von Van Edremit Abdulkerim Sayan, den Kreisvorsitzenden von
Caldiran Metin Adugit. Auch die Verhaftung dieser PolitikerInnen kann nur
als zynisch bezeichnet werden, da diese sich seit Jahrzehnten für die
Menschenrechte und Frieden einsetzen.

Van wurde erst jüngst von einem Erdbeben erschüttert und in großen Teilen
zerstört. Die Kommunalverwaltung tat alles menschenmögliche um die
Situation der Erdbebenopfer sowie der BürgerInnen der Stadt lebenswürdig zu
gestalten und zu verbessern. Die Regierung Erdogan bremste die Hilfe für
Erdbebenopfer, anstatt ihrer Verpflichtung der Unterstützung der
Hilfsbedürftigen nachzukommen. Die Kommune Van wurde, da sie von der
kurdischen Demokratischen Friedenspartei BDP regiert wird, ohnehin
systematisch von der in den Richtlinien der EU festgelegten Förderung der
Kommunen ausgegrenzt und gezielt infrastrukturell geschwächt. Nun soll vor
den Kommunalwahlen 2013 offensichtlich jegliche politische Arbeitsstruktur
zerstört werden, da bei den Parlamentswahlen 2011 selbst trotz massiven
staatlich organiserten Wahlbetrugs die BDP Mehrheiten errang.

Die Inhaftierung von Bekir Kaya und weiterer 32 BürgermeisterInnen sowie
6500 Menschen seit 2009 im Rahmen der so genannten KCK Verfahren ist nicht
hinnehmbar. Die Regierung Erdogan betreibt eine zynische und
menschenverachtende Politik der juristischen Verfolgung Oppositioneller.
Anhand konstruierter Vorwürfe und auf Grundlageanebüchener juristischer
Konstrukte soll jede nicht opportune politische Kraft ausgeschaltet werden.

Die Bundesregierung verhält sich aus wirtschaftlichen und geostrategischen
Gründen unterdessen wie die drei Affen von Gibraltar. Sie stellt sich
blind, taub und stumm. Das muss ein Ende haben. Es ist an der Zeit der
türkischen Regierung zu verdeutlichen, dass nur ein Dialog zur friedlichen
Lösung der kurdischen Frage Lösung und der Demokratisierung der Türkei
international geduldet werden. Die von der AKP betriebene Politik der
Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen und des Versuchs der
juristischen, psychischen und physischen Vernichtung der politisch aktiven
KurdInnen und der militärischen Zuspitzung des Konflikts mit der PKK, muss
international geächtet werden.

„Auf allen Ebenen verschärft die Regierung Erdogan gegenwärtig ihren
repressiven Charakter. So wurden in den letzten Wochen ein de Facto
vollständiges Abtreibungsverbot sowie ein Streikverbot für die
Beschäftigten der türkischen Luftverkehrsgewerkschaft Hava-İş erlassen. Es
ist endlich Zeit, dass die Bundesregierung entschiedene Schritte gegen die
zunehmend autokratisch agierende Regierung Erdogan unternimmt. Dazu muss
politischer Druck entfaltet werden, der auch die Freilassung der
politischen Gefangengen im Rahmen der KCK Verfahren zum Ziel hat.“ erklärt
Andrej Hunko.

Die Nürnberger Stadträtin der Linken Liste Marion Padua war im Rahmen der
Solidaritätsinitiative „Nürnberg hilft Wan“ im April vor Ort und hat Herrn
Kaya kennen gelernt. „Mit großen Engagement hat der Oberbürgermeister für
die Linderung der Erdbebenfolgen gearbeitet. Mit der Verhaftung setzt der
türkische Staat ein Zeichen, dass die verherenden Folgen nicht gelindert
werden sollen“, so Padua

„Die kurdische Frage kann nur in einem Dialog sämtlicher beteiligter
AkteurInnen einschließlich der PKK und Abdullah Öcalan gelöst werden. Eine
Demokratisierung des Landes am Bosporus kann nur auf einer friedlichen
Grundlage umgesetzt werden. Die Verhaftung des Bürgermeisters von Van Bekir
Kaya sowie weiteren PolitikerInnen und erneute Verurteilung Leyla Zanas
sind Zeichen dafür, dass die AKP die Türkei eine ähnlich
menschenverachtende und aussichtslose Politik betreibt wie die Regierungen
in den 1990er Jahren. Das ist nicht hinnehmbar,“ ergänzt Cansu Özdemir
Bürgerschaftsabgeordnete der Stadt Hamburg.

Um Voraussetzungen für Fortschritte bezüglich der Einhaltung der
Menschenrechte zu schaffen, müssen zudem die militärische und
sicherheitspolitische Zusammenarbeit mit der gegenwärtigen türkischen
Regierung eingestellt und die Waffenexporte sofort beendet werden.


 *Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne unter der Tel. Nummer:*

* 0176 207 05 646
*

*zur Verfügung*

*
*

*Andrej Hunko, **MdB Die Linke und Mitglied der Parlamentarischen
Versammlung des Europarats*

*Ingrid Remmers, MdB Die Linke*

*Harald Weinberg, MdB Die Linke*

*Cansu Özdemir, Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft, Die Linke*

*Marion Padua, Stadträtin Nürnberg, Linke Liste*

*Hamide Akbayir, Die Linke NRW*

*Yilmaz Kaba, Landesvorstand Die Linke Niedersachsen*

*Michael Knapp, Historiker*

*Martin Dolzer, Soziologe*


 *Hintergrund*

Auch die kurdische Parlamentsabgeordnete und Sacharowpreisträgerin Leyla
Zana wurde kürzlich von einem türkischen Gericht erneut zu einer Haftstrafe
von 10 Jahren Haft verurteilt. In den 1990er Jahren verbüßte die
Politikerin der Friedens und Demokratiepartei BDP gemeinsam mit Hatip Dicle
und weiteren PolitikerInnen bereits eine Haftstrafe von mehr als 10 Jahren,
wegen Kurdisch Sprechens im Parlament. Als Folge internationalen Drucks
wurde Zana nach zehn Jahren Haft entlassen.

Vorgeworfen wird der Politikerin nun in den Jahren 2007 und 2008 bei
Meinungsäußerungen Propaganda für eine illegale Organisation gemacht zu
haben sowie Straftaten in deren Namen begangen zu haben ohne Mitglied zu
sein.

„Mit dem Konstrukt, mit dem Leyla Zana und die mehr als 6500 Inhaftierten
im Rahmen der KCK Verfahren kriminalisiert werden, beabsichtigt die AKP
Regierung die Ausschaltung der kurdischen Opposition. Das Recht auf freie
Meinungsäußerung und weitere Grundrechte werden seitens der türkischen
Regierung und Justiz erneut mit Füßen getreten“, so...........

Noch immer befinden sich auch 6 ParlamentarierInnen der BDP, darunter Hatip
Dicle und 33 BürgermeisterInnen, nach den Wahlen zum türkischen Parlament
2011, in Haft. Unter der Weisung der grauen Eminenz der AKP, dem Prediger
Fethullah Gülen, orientiert die Regierung auf eine militärische Lösung der
kurdischen Frage und die Vernichtung der politisch tätigen KurdInnen. In
diesem Zusammenhang wird immer wieder von systematischen Angriffen auf die
Zivilbevölkerung, samt deren Tötung, wie im Dezember 2011 in Roboski/Sirnak
berichtet. 34 Menschen starben bei einem bewussten Bombardement der
Zivilbevölkerung durch die türkische Armee.

Als Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) vor kurzem im Verlauf
eines Parlamentariertreffens sein Befremden über derartige Zustände zum
Ausdruck brachte, versuchte der türkische Botschafter ihn zu zensieren.
Immer wieder stören Anhänger der Gülen Bewegung auch
Informationsveranstaltungen über die Situation in der Türkei oder versuchen
gar diese zu verhindern.

All das sind Anzeichen für eine besorgniserregende und nicht hinnehmbare
Entwicklung der Politik der türkischen Regierung, die zum Ziel hat die
türkische Gesellschaft unter Ausschaltung jeglicher Opposition autokratisch
organisiert und feudalistisch orientiert umzugestalten.
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