[imc-presse] [attac-d-presse] "Sicherheitskonferenz": Attac fordert Abschaffung

Frauke Distelrath presse at attac.de
Wed Feb 2 10:25:36 CET 2011


Pressemitteilung
Attac Deutschland
Frankfurt am Main / München, 2. Februar 2011



* "Sicherheitskonferenz" ist ein Sicherheitsrisiko
* Attac fordert Abschaffung der Tagung / Echte Friedenskonferenz nötig

Aktivistinnen und Aktivisten des globalisierungskritischen Netzwerkes
Attac beteiligen sich auch in diesem Jahr an den Protesten gegen die so
genannte Sicherheitskonferenz (Siko), zu der von Freitag bis Sonntag
hochrangige Politiker, Militärs und Vertreter der Rüstungsindustrie in
München zusammenkommen. Attac kritisiert die militärische Ausrichtung
des früher als Wehrkundetagung bekannten Treffens und fordert seine
Abschaffung. "Wir wenden uns insbesondere gegen die immer unverblümter
propagierte Ausrichtung der deutschen so genannten Sicherheitspolitik
auf die Absicherung von Wirtschaftsinteressen mit kriegerischen
Mitteln", sagte Hagen Pfaff, Pressesprecher von Attac München.

Attac München beteiligt sich an der Internationalen Münchner
Friedenskonferenz, die als zeitgleiche Gegenveranstaltung zur Siko eine
Plattform für Ansätze zu einer wirklichen Friedenspolitik bieten wird.
In diesem Rahmen ist Attac Mitveranstalter eines Studientags zum Thema
"Anders wirtschaften - kooperativ - sozial - ökologisch" am Freitag. An
der Großdemonstration gegen die Siko am Samstag beteiligen sich
ebenfalls zahlreiche Attac-Aktive.

In einem Positionspapier (s. unten und im Anhang) begründet Attac
München die Kritik an der Konferenz und die Forderung nach ihrer
Abschaffung. Das Papier enthält auch eine Sammlung von Zitaten von
Politikern und Militärs aus Deutschland und den USA, in denen der
Einsatz militärischer Mittel zur Durchsetzung wirtschaftlicher
Interessen gerechtfertigt wird.



* Veranstaltungen gegen die Siko 2011:

3.2. - 6.2.: 9. Internationale Münchner Friedenskonferenz "Frieden und
Gerechtigkeit gestalten – NEIN zum Krieg", Veranstalter: DFG/VK Bayern
u.v.a.

4.2.: Studientag "Anders wirtschaften – ein Friedensfaktor", Hansa-Haus,
Brienner Str. 39, Veranstalter: kda München, Attac München, Attac
Rosenheim

5.2. Großdemonstration rund um die Sperrzone Bayerischer Hof, 13:00 Uhr,
Marienplatz, Veranstalter: Aktionsbündnis gegen die
NATO-Sicherheitskonferenz


* Informationen im Internet:
www.sicherheitskonferenz.de
www.friedenskonferenz.info



* Für Rückfragen und Interviews:
Hagen Pfaff, Attac München, presse at attac-m.org, Tel. (089) 3066 7832,
(0175) 780 2690



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POSITIONSPAPIER ATTAC MÜNCHEN


* Die "Sicherheitskonferenz" – ein Sicherheitsrisiko

Seit 45 Jahren treffen sich in München hochrangige Politiker, Militärs
und Vertreter der Rüstungsindustrie zur sogenannten "Münchner
Sicherheitskonferenz" – früher "Wehrkundetagung". Attac München
protestiert seit mehreren Jahren gegen diese internationale
Großveranstaltung. Unsere wichtigsten Gründe sind:


1. Der Name "Sicherheitskonferenz" ist irreführend

Die Menschen aller Länder der Erde wollen in Sicherheit und Frieden
leben. Kriege sind immer mit unermesslichem Leid verbunden. Eine
Konferenz, die "Sicherheit" im Namen führt, müsste die Sicherung des
Friedens anstreben, also die Absage an Kriege als Mittel zur
Durchsetzung von politischen, strategischen und ökonomischen Interessen.
Die von ihren Teilnehmern her militärisch geprägte Konferenz ist kein
geeignetes Forum, um Konfliktlösungen erarbeiten zu können.


2. Die "Sicherheitskonferenz" rechtfertigt Kriege

Die Teilnehmer der "Sicherheitskonferenz" kommen überwiegend aus
militärischen, verteidigungspolitischen und industriellen
Zusammenhängen, vorwiegend aus NATO-Staaten. Sie betrachten die Welt und
ihre Konflikte aus einem militärischen Blickwinkel und halten den
Einsatz militärischer Gewalt für ein legitimes Mittel zur Durchsetzung
von Interessen. Deshalb sind auch Vertreter der Rüstungsindustrie dabei,
die am Krieg verdienen. Wir meinen, die "Sicherheitskonferenz " dient
mehr der Rechtfertigung von Kriegen – wie immer wieder am Beispiel
Afghanistans deutlich wird, wo deutsche Soldaten nichts verloren haben –
als der Vermeidung von Kriegen. Daran ändert auch die Tatsache nichts,
dass einige wenige Vertreter kritischer Positionen teilnehmen dürfen.
Sie erfüllen lediglich eine Alibifunktion.


3. Fast alle Kriege sind wirtschaftlich motiviert

Für die Öffentlichkeit werden völkerrechtswidrige Angriffskriege als
Verteidigungskriege deklariert und mit Argumenten wie "notwendiger
Präventivschlag", "Aufstandsbekämpfung", "Krieg gegen den weltweiten
Terror", "Humanitäre Intervention" gerechtfertigt. Tatsächlich aber geht
es fast immer um die Verfügungsgewalt über Rohstoffe, die Sicherung von
Handelswegen und Machtinteressen. Der Irak-Krieg ist nur ein Beispiel
dafür. Deutschland ist drittgrößter Rüstungsexporteur der Welt. Deutsche
Waffen werden auch in Krisengebiete geliefert und erhöhen die
Kriegsgefahr. Auch deshalb sehen wir die "Münchner Sicherheitskonferenz"
mit ihren Teilnehmern aus der Rüstungsindustrie nicht als Teil der
Lösung, sondern als Teil des Problems an (siehe Rückseite).


4. Nötig wäre eine Friedenskonferenz

Eine Friedenskonferenz, wie wir sie uns wünschen, darf nicht von Leuten
dominiert werden, die militärische Lösungen von Konflikten befürworten
oder sogar am Krieg verdienen. Friedens und Konfliktforscher sowie
Vertreter der Zivilgesellschaft sollten auf einer solchen Konferenz
gemeinsam mit Politikern Wege finden, um Gefahren für den Frieden früh
zu erkennen, um friedliche Mittel einzusetzen, damit Kriege gar nicht
erst ausbrechen. Zu den friedenssichernden Maßnahmen gehört vor allem
der weltweite Kampf gegen den Hunger, gegen die zunehmende Verelendung
der Länder des Südens und für die Rettung des Klimas.

Diese "Sicherheitskonferenz" muss abgeschafft werden.


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* Zitate


Verteidigungsminister KARL-THEODOR ZU GUTTENBERG hat sich dafür
ausgesprochen, in der Sicherheitspolitik "offen und ohne Verklemmung"
auf wirtschaftliche Interessen einzugehen. Es gelte in gewissen Kreisen
immer noch als "überaus verwegen", den Zusammenhang zwischen diesen
beiden Bereichen herzustellen, monierte der CSU-Politiker auf einer
Sicherheitskonferenz in Berlin. (Quelle:
http://www.tagesschau.de/inland/guttenbergkoehler102.html, 09.11.2010)


Am 22. Mai 2010 sagt Bundespräsident HORST KÖHLER in einem Interview auf
dem Heimflug aus Afghanistan, "dass ein Land unserer Größe mit dieser
Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch
wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz
notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren". Er nennt als Beispiele
die Sicherung freier Handelswege und die Verhinderung regionaler
Instabilitäten. Diese würden auch auf unsere (wirtschaftlichen) Chancen
zurückschlagen und sich negativ auf Handel, Arbeitsplätze und Einkommen
auswirken. "Zugang zum Öl des Persischen Golfes ist für die nationale
Sicherheit der USA von entscheidender Bedeutung. Falls erforderlich
werden wir diese Interessen auch mit militärischer Gewalt verteidigen".
(Quelle: National Security Strategy 54 der USA, 2002)


Die US-Außenministerin HILLARY CLINTON warnt bei ihrem Auftritt vor der
französischen Militärakademie in Paris: "Energie-Sicherheit hat eine
besonders hohe Priorität. Länder, die sich in Bezug auf eine Kappung der
Energie-Zufuhr verletzlich zeigen, müssen nicht nur mit ökonomischen
Konsequenzen, sondern auch mit strategischen Risiken rechnen." (Quelle:
Neue Rheinische Zeitung vom 15.6.2010)


FRANK-WALTER STEINMEIER auf der "Münchner Sicherheitskonferenz" 2006:
"Globale Sicherheit im 21. Jahrhundert wird untrennbar auch mit
Energiesicherheit verbunden sein. Und die deutsche Außen- und
Sicherheitspolitik, das verstehen Sie, muss sich dieser strategischen
Herausforderung stellen. Wir sind ein rohstoffarmes Land."

Eine der Aufgaben der Bundeswehr ist die "Aufrechterhaltung des freien
Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen auf
aller Welt im Rahmen einer gerechten Weltwirtschaftsordnung". Quelle:
verteidigungspolitische Richtlinien 1992, Kapitel II, 8.8)

"[Deutschland ist] in hohem Maße von einer gesicherten Rohstoffzufuhr
und sicheren Transportwegen in globalem Maßstab abhängig. Energiefragen
werden künftig für die globale Sicherheit eine immer wichtigere Rolle
spielen. Darüber hinaus muss die Sicherheit der Energieinfrastruktur
gewährleistet werden." Quelle: Weißbuch der Bundeswehr 2006, S. 23)

"Künftige regionale Kriege könnten die europäischen Interessen
tangieren, indem europäische Sicherheit und Wohlstand direkt bedroht
werden. Beispielsweise durch die Unterbrechung der Ölversorgung und/oder
eine massive Erhöhung der Energiekosten [oder] der Störung der Handels-
und Warenströme." (Quelle: European Defence – A Proposal for a White
Paper, Institute for Security Studies 2004 im Auftrag der Regierungen
der EU-Staaten, S. 81)


THOMAS L. FRIEDMANN, Berater der späteren US-Außenministerin Madeleine
Albright, zitiert im New York Times Magazin vom 28. März 1999: "Damit
die Globalisierung funktioniert, darf Amerika nicht zögern, wie die
unbesiegbare Supermacht, die sie in Wirklichkeit ist, zu handeln. Die
unsichtbare Hand des Marktes wird niemals ohne eine unsichtbare Faust
funktionieren. McDonald kann nur mit Hilfe von McDonald Douglas, dem
Hersteller der F-15, expandieren. Und die unsichtbare Faust, die
weltweit die Sicherheit der Technologien von Silicon Valley
gewährleistet, heißt: die Armee, die Luftwaffe, die Marine und das
Marinecorps der USA."



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Frauke Distelrath
Pressesprecherin Attac Deutschland
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Post: Münchener Str. 48, 60329 Frankfurt/M
Tel.: 069/900 281-42; 0179/514 60 79
Mail: presse at attac.de, Fax: 069/900 281-99
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