[imc-presse] [Pressemitteilung] Berufungsprozess in Colmar gegen NATO-Gegner

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Mon Oct 19 22:34:32 CEST 2009


[Prozeßbeobachtungsgruppe]

Presseerklärung zum Berufungsprozess in Colmar gegen einen 25jährigen
NATO-Gegner aus Berlin

19.10.2009

Ernüchterndes Prozessergebnis für Friedensaktivisten in Colmar (Frankreich)

Das Berufungsgericht Colmar (Frankreich) verurteilte heute einen 25jährigen
Studenten aus Berlin zu 2 Monaten Haft auf Bewährung. Dabei hatte er bereits 4
Monate unter unzumutbaren Haftbedingungen im Strasbourger Gefängnis verbracht.
In der ersten Instanz war er in einem 15minütigen Schnellverfahren zu 6 Monaten
Haft mit sofortigem Vollzug verurteilt worden. Vorgeworfen wurde ihm ein
Steinwurf ohne Schaden im Rahmen der Proteste gegen den NATO-Gipfel in
Strasbourg.

Am heutigen zweiten Prozesstag wurden die drei belastenden Polizeizeugen
vernommen, die z.T. sehr widersprüchliche Aussagen machten. Z.B. behauptete ein
Zeuge, den Angeklagten mit einer Mütze gesehen zu haben, ein anderer sprach von
einer Kapuze und der Dritte von einer Maskierung. Der Staatsanwalt bezog sich
dennoch positiv auf die Aussagen. Schon beim ersten Termin hatte er betont,
wenn man keinem Polizisten mehr glauben könne, wem könne man denn dann noch
Glauben schenken
 Sein Plädoyer bezog sich erneut hauptsächlich auf
Wikipedia-Zitate über den angeblichen “deutschen Black Block”.

Er forderte eine Bestätigung des Urteils aus dem Schnellverfahren, verschärft
durch ein Einreiseverbot nach Frankreich. Die verteidigende Anwältin Nohra
Boukara zweifelte die Aussagen der Belastungszeugen grundsätzlich an. Sie
zeigte Widersprüche auf und äusserte sich zum Kontext der Medienkampagnen gegen
die NATO-Proteste mit der Dämonisierung des “Black Block”. Zum Schluss
erläuterte sie, dass der vorgeworfene Straftatbestand der “Gewalttat” wegen des
nicht vorhandenen Schadens sowieso nicht zutrifft.

Der Angeklagte wurde schliesslich zu 2 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Er
erwägt, in Revision zu gehen. “Es ist ein Skandal”, äusserte er sich nach der
Urteilsverkündung, “dass ich monatelang unter unmöglichen Haftbedingungen in
Strasbourg im Gefängnis sitzen musste. Mit dem heutigen Urteil wurden diese
Zeit für uberflüssig erklärt und trotzdem kann ich keine Entschädigungen
einklagen, weil ich nicht freigesprochen wurde!” Bis zum ersten Termin der
Berufungsverhandlung Anfang August waren schon 4 Monate in Haft vergangen.
Bereits im Juli war ein weiter Anti-Nato-Aktivist nach ebenfalls 4 Monaten Haft
vom Colmarer Gericht freigesprochen worden. Noch immer befinden sich zwei
Menschen im Zusammenhang mit den NATO-Protesten in Untersuchungshaft in
Strasbourg.

Eine ausführliche Dokumentation der Repression in Folge des Gipfels findet sich
unter http://breakout.blogsport.de

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