[imc-presse] [attac-d-presse] EU-Begleitgesetz: Erklärung des Wissenschaftlichen Beirates von Attac

Frauke Distelrath presse at attac.de
Mon Aug 17 15:32:43 CEST 2009


Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Bundestagsfraktionen sowie der Bund und die Länder beraten am
heutigen Montag über das vom Bundesverfassungsgericht geforderte
neue Begleitgesetz zum EU-Vertrag. Bereits jetzt zeichnet sich ab,
dass die Mehrheit der Fraktionen nicht gewillt ist, die
Mitspracherechte für Bundestag und Bundesrat ernsthaft zu stärken. So
soll die Bundesregierung nicht rechtlich an die Stellungnahmen
des Bundestages gebunden werden.

Weiter unten und im Anhang dieser Mail finden Sie eine Erklärung des
Wissenschaftliche Beirates von Attac, in der dieser eine breite
öffentliche Debatte über die Inhalte des Begleitgesetzes fordert und
zentrale Kriterien für ein künftiges Europagesetz benennt.

Dem Wissenschaftlichen Beirat von Attac gehören 117 Professor/innen,
Wissenschaftler/innen und Expert/innen an, die ihre Expertise in den
Dienst des globalisierungskritischen Netzwerks Attac stellen. Mehr über den
Wissenschaftlichen Beirat erfahren Sie hier:
http://www.attac-netzwerk.de/das-netzwerk/wissenschaftlicher-beirat/


Für Rückfragen und Interviews wenden Sie sich bitte an:

*  Elmar Altvater, em. Professor der Politikwissenschaft, FU Berlin,
   Tel. 30-3550 3250 (nur heute)

*  Andreas Fisahn, Professor für Öffentliches Recht, Universität
   Bielefeld, Tel. 0170-752 7560

* Tobias Pflüger, Vorstandsmitglied Informationsstelle
  Militarisierung, Tübingen, Tel. 0174-765 0483 (derzeit im europ.
  Ausland)


Mit freundlichen Grüßen aus Frankfurt

Frauke Distelrath
Attac-Pressesprecherin


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Wissenschaftlicher Beirat von Attac:

* Erklärung zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts über das
Begleitgesetz zum Lissabon-Vertrag *

Es ist zu begrüßen, dass das Bundesverfassungsgericht ein grundlegend
neues Begleitgesetz zum EU-Vertrag von Lissabon fordert. Im Urteil vom
30. Juni 2009 finden sich viele Anknüpfungspunkte für eine Verbesserung
der demokratischen Partizipation nationaler und regionaler Parlamente
an den Entscheidungen auf EU-Ebene. Es wäre noch mehr zu begrüßen,
wenn das Urteil zum Anlass genommen würde, eine breite, öffentlich
geführte Debatte über die Inhalte eines Begleitgesetzes zum
Lissabon-Vertrag einzuleiten, um die Bürgerinnen und Bürger daran so
intensiv wie möglich zu beteiligen. Doch laufen die Verhandlungen zum
Begleitgesetz zum Vertrag von Lissabon derzeit hinter verschlossenen
Türen. Es scheint, als solle das Gesetz geradezu durchgepeitscht
werden, um durch einen frühzeitigen Abschluss in Bundestag und
Bundesrat das Referendum in Irland am 2. Oktober 2009 über den Vertrag
von Lissabon im Sinne der Vertragsbefürworter beeinflussen zu
können. Wir halten ein solches Verhalten für undemokratisch und
intransparent und fordern eine öffentliche Diskussion, die sich nicht
auf das Abnicken von Gesetzesvorlagen der Bundesregierung durch die
Mitglieder des Bundestages beschränkt.

Vor diesem Hintergrund möchten wir in der Öffentlichkeit folgende
Forderungen für ein künftiges Europagesetz in die Diskussion
einbringen; dies sind Kernpunkte, die nicht nur in Deutschland,
sondern europaweit Gültigkeit beanspruchen:

1. Es muss gewährleistet werden, dass bei EU-Vertragsänderungen dazu
   in Deutschland, wie in anderen EU-Mitgliedsländern auch,
   Volksabstimmungen stattfinden können.

2. Es bedarf einer umfassenden Stärkung der Rechte der Parlamente, in
   Deutschland des Bundestages. Der Bundestag muss in allen Belangen
   die Position der Bundesregierung im Rat frühzeitig festlegen
   können. In anderen Ländern sind ähnlich Regelungen vorzusehen. Dies
   muss selbstverständlich auch für alle so genannten Missionen der
   Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik - sprich
   EU-Polizei- und Militäreinsätze  - gelten.

3. Es bedarf dazu auch einer umfassenden Stärkung der
   Informationsrechte der Parlamente und daher auch des Bundestags,
   insbesondere indem Zugang zu den Diskussionen in den
   Ratsarbeitsgruppen sowie im Politischen und Sicherheitspolitischen
   Komitee gewährleistet wird. Es ist nicht hinnehmbar, dass hinter
   verschlossenen Türen auf Beamtenebene Tatsachen geschaffen werden,
   ohne dass die Öffentlichkeit überhaupt davon erfährt.

4. Es bedarf eines völkerrechtlichen Vorbehalts durch die
   Bundesregierung, in dem klar gestellt wird, dass auch künftig der
   Parlamentsvorbehalt für Auslandseinsätze der Bundeswehr und das
   Verbot des Angriffskrieges (Art. 26 GG) gelten.

5. Es bedarf eines völkerrechtlichen Vorbehalts durch die
   Bundesregierung, in dem klar gestellt wird, dass das
   Sozialstaatsprinzip gilt und damit der Vorrang sozialer Grundrechte
   im Rahmen des Europäischen Sozialmodells vor den Kapital-, Waren-
   und Dienstleistungsfreiheiten gewährleistet werden kann.

Wir wissen, dass ein NEIN zum Lissabon-Vertrag auch aus
nationalistischen, europafeindlichen Motiven erfolgen kann. Wir wissen
auch, dass ein JA zum Lissabon-Vertrag sehr verschieden, ja
gegensätzlich motiviert sein kann.

Die progressive NEIN-Kampagne in Irland verdient unsere Unterstützung,
weil sie von der Absicht getragen ist, eine EU deregulierter Märkte,
des Sozialabbaus und der militärischen Interventionen zu verhindern
und eine demokratische, soziale, friedliche und ökologisch nachhaltige
EU zu errichten.


Berlin / Frankfurt/Main, den 17.08.2009



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Frauke Distelrath
Pressesprecherin Attac Deutschland
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Post: Münchener Str. 48, 60329 Frankfurt/M
Tel.: 069/900 281-42; 0179/514 60 79
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