[imc-presse] RAV-Pressemitteilung - Einstellungen von Verfahren gegen Polizeibeamte durch die Rostocker Staatsanwaltschaft

RAV Berlin RAVeV at t-online.de
Tue May 20 13:11:53 CEST 2008


 
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Pressemitteilung - Einstellungen von Verfahren gegen Polizeibeamte durch die
Rostocker Staatsanwaltschaft
Im Januar verkündete die Staatsanwaltschaft Rostock wahrheitswidrig, dass
keine Verfahren gegen Polizeibeamte mehr anhängig seien. Mindestens zwei
Verfahren sind noch bei der Staatsanwaltschaft Rostock anhängig. Gegen
einige Einstellungen wurden Beschwerden eingelegt, von denen einige noch bei
der Generalstaatsanwaltschaft in Rostock anhängig sind. Zwei Verfahren
wurden erst letzte Woche endgültig von der Generalstaatsanwaltschaft
eingestellt. 
Der RAV kritisiert die einseitige und voreingenommene Ermittlungstätigkeit
der Rostocker Staatsanwaltschaft. Die Anwältinnen der Geschädigten der
Polizeimaßnahmen prüfen, ob Klageerzwingungsanträge gestellt werden. 
Die angezeigten Straftatbestände reichen von Körperverletzung und
Beleidigungen durch entwürdigende Behandlungen bis zu Freiheitsberaubung und
dem Verbrechen der Vollstreckung gegen Unschuldige. Die Vorwürfe richten
sich sowohl gegen vor Ort unmittelbar eingesetzte Beamte als auch gegen die
Polizeispitze innerhalb der Sonderbehörde BAO Kavala, die durch
organisatorisches Verschulden strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen
ist.
Zur Erinnerung: über tausend Demonstrierende waren im Laufe der
G8-Demonstrationen in polizeilichen Gewahrsam genommen worden. Bereits
während der Gipfeltage waren massive Vorwürfe gegen die Polizei wegen der
unzumutbaren Unterbringung der Gefangenen und der Außerkraftsetzung
rechtsstaatlicher Kontrollen erhoben worden. In vielen Fällen wurden
gerichtliche Ladungen und richterliche Anordnungen, Personen zu entlassen,
schlichtweg ignoriert. Einzelne Betroffene hatten sich hiergegen zusammen
mit ihren Rechtsanwältinnen - die die Zustände aus eigener Erfahrung als
Beteiligte im Anwaltsnotdienst des Republikanischen Anwältinnen- und
Anwaltsvereins (RAV) und der Strafverteidigervereinigung
Mecklenburg-Vorpommern erlebt hatten - durch Strafanzeigen zur Wehr gesetzt.
Nach der endgültigen Einstellung einiger Ermittlungsverfahren durch die
Generalstaatsanwaltschaft prüfen die Anwältinnen, ob gegen diese endgültigen
Einstellungen Klageerzwingungsverfahren anhängig gemacht werden. Aus den
Ermittlungsakten wurde bekannt, dass die Polizeispitze teilweise gezielt
angeordnet hatte, Betroffene nicht mehr zu den Verhandlungen in
Beschwerdeverfahren zum Landgericht zu fahren. Die Staatsanwaltschaft sieht
dieses Verhalten wegen fehlender Transportkräfte als gerechtfertigt an und
hat selbst stundenlang verzögerte Entlassungen durch die Polizei als
hinnehmbar gerechtfertigt.
In vielen Fällen wurden jedoch überhaupt keine Ermittlungen durchgeführt. So
konnten die Beamten, die eine Journalistin am 02.06.2008 am Rande der
Demonstration misshandelten, trotz vorhandener Fotos angeblich bislang nicht
identifiziert werden. Eine Vernehmung des Opfers erfolgte erst jetzt - fast
ein Jahr nach der Tat - und lediglich telefonisch. In einem Fall, in dem die
Entlassungsanordnung des Gerichts von der Polizei nicht an die JVA Bützow
weiter geleitet wurde, können angeblich die Beamten, die für die
Weiterleitung zuständig gewesen waren, ebenso wenig ermittelt werden, wie
die Beamten, die den Transport in die JVA unter unzumutbaren Bedingungen
durchgeführt haben. Einige namentlich benannte Beamte, die mit dem Fall
befasst waren, wurden noch nicht einmal gehört. Trotzdem sieht die
Staatsanwaltschaft keine weiteren Ermittlungsansätze.
Der RAV kritisiert die einseitige und voreingenommene Ermittlungstätigkeit
der Rostocker Staatsanwaltschaft. Durch falsche Information der
Öffentlichkeit und unterlassene Ermittlungstätigkeit soll der Kritik am
Polizeieinsatz in und um Rostock offensichtlich der Wind aus den Segeln
genommen werden. Polizeibeamte können so auch in Zukunft Straftaten begehen,
da sie nicht damit rechnen müssen, hierfür zur Rechenschaft gezogen zu
werden. Gegen DemonstrantInnen wurden dagegen mit absurden Begründungen
Strafverfahren eingeleitet und durchgeführt.
Weitere Hintergrundinformationen zu den einzelnen Strafverfahren können in
der Geschäftsstelle des RAV abgefragt werden.

16. Mai 2008

Kontakt: RAV Geschäftsstelle, Tel.: +49 (0)30 41 72 35 55
Rechtsanwältin Karen Ullmann, Tel.: 0179-2 02 74 39
Rechtsanwältin Katja Herrlich, Tel.: +049 (0)3 35 56 53 40

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