[imc-presse] Pressemitteilung des anwaltlichen Notdienstes des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins (RAV)

RAV Berlin RAVeV at t-online.de
Tue Jun 19 16:05:59 CEST 2007


Pressemitteilung des anwaltlichen Notdienstes des Republikanischen
Anwältinnen- und Anwältevereins (RAV)
Dienstag, 19.06.2007
- 13.30 Uhr -

Ressorts: Inland / G8-Gipfel Heiligendamm


Anwaltlicher Notdienst/Legal Team ist erschrocken über das Ausmaß
polizeilicher Übergriffe während des G8 und fordert die Einrichtung eines
parlamentarischen Untersuchungsausschusses


Bei der Auswertung der Ereignisse während des G8 Gipfels in Heiligendamm,
Rostock und Umgebung stellte der Anwaltliche Notdienst des RAV eine Vielzahl
dokumentierter polizeilicher Übergriffe fest. Deren Bandbreite reicht von
Misshandlungen bei der Festnahme über Tötungsandrohungen bis hin zu
sexistischen Äußerungen und Übergriffen durch PolizeibeamtInnen.

Im folgenden nur einige der gravierensten Beispiele:

Einem Ingewahrsamgenommenen wurde bei der Festnahme ein T-Shirt über den
Kopf gezogen und im Nacken verknotet, so daß er nicht mehr sehen konnte. Er
wurde gefesselt und mehrmals mit dem Kopf auf den Boden geschlagen.

Eine Vielzahl von Menschen wurde bei der Festnahme geschlagen und verletzt
und ohne ärztliche Versorgung ingewahrsam genommen.

Einem Clown wurde grundlos eine ca. 30cm große Gasflasche ins Gesicht
geschlagen. Clowns wurden gezwungen Wasser aus ihren Wasserpistolen zu
trinken.

Festgenommenen wurden in den Gefangensammelstellen, neben der Unterbringung
in Käfigen Medikamente und Hilfsmittel wie z.b. Asthmaspray und Brillen
abgenommen. Mehr als 50 Personen waren über einen Zeitraum 11 Stunden mit
Kabelbindern mit den Händen auf dem Rücken gefesselt.

Mindestens drei Betroffene wurden nach der Ingewahrsamnahme oder während
Demonstrationen geschlagen, in hilflose Lagen versetzt und mit dem Tode
bedroht. In jedem Fall wurde eine - wenn dann Logik - eröffnet und bei
Nichtaussage oder Weiterprotestieren die Tötung durch Polizeibeamte
angedroht. In einem Fall wurde auch das Verschwindenlassen angekündigt.

Bei Kontrollen an einer S-Bahn Station nahe dem Camp Rostock Fischereihafen
griffen Polizeibeamte Frauen in den Schritt und machten dabei anstößige
Geräusche. Darüber hinaus mussten sich mehrere Frauen bei Kontrollen vor
männlichen Beamten ausziehen.

Der anwaltliche Notdienst ist erschrocken über eine derartige Praxis der
Polizei und die Vielzahl und Vehemenz der Übergriffe und fordert die
Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Klärung der
Übergriffe. „Diese Vorfälle sind in ihrer Gesamtheit erschreckend und
beängstigend zugleich, insbesondere in einem Staat, der für sich in Anspruch
nimmt, ein rechtstaatlicher zu sein. Um dieser Willkür Einhalt zu gebieten,
müssen sämtliche PolizeibeamtInnen offen eine Dienstnummer tragen, um
Schwarze Schafe zur Verantwortung ziehen zu können“ sagt Dirk Audörsch einer
der Anwälte des Legal Teams.

Eine brutale Praxis wie diese lässt sich u.a. dadurch erklären, dass
PolitikerInnen schon im Vorfeld des G8 die pauschale Stigmatisierung und
Kriminalisierung der Protestbewegung betrieben haben. Diese
Feindbildschaffung sowie die, in Zusammenhang damit, auf Eskalation
angelegte Polizeistrategie machten es den Beamten möglich protestierende
Menschen als Objekte zu betrachten und Übergriffe als normales und
geduldetes Vorgehen anzusehen. Das ist durch nichts zu entschuldigen und
nicht hinnehmbar.


Für weitere Informationen erreichen Sie den Presseservice des Legal
Teams/Anwaltlicher Notdienst unter den Telefonnummern:  0163-6195151,
01577-4704760 und 0179-4608473.




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