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Martin Dolzer marinion at gmx.de
Sun Jul 29 11:58:49 CEST 2007


Pressemitteilung des außenpolitischen Sprechers der Bundestagsfraktion der Partei Die Linke., Prof. Dr. Norman Paech


Auch Tote können wählen!

Wahlbetrug in der südosttürkischen Provinz Hakkari


Am 22.07. fanden in der Türkei Parlamentswahlen statt. Die gemäßigt islamische AKP ging als klare Gewinnerin daraus hervor. Zum ersten Mal seit 13 Jahren konnten auch 23 kurdische PolitikerInnen, auf unabhängigen Listen der DTP/Demokratische Gesellschaftspartei, ins Parlament einziehen. Um einen der 3 Sitze in der Provinz Hakkari wird jetzt vor Gericht gestritten. Jeweils ein Sitz geht an die Unabhängigen und an die AKP. Das Wahlergebnis ist äußerst knapp: Hundert Stimmen entscheiden über das dritte Mandat. Nach momentanem Stand der Dinge ginge dieser Sitz an die AKP – jedoch vermutlich aufgrund von unlauteren Mitteln. Die Unabhängigen reichten Klage ein, da es in der Provinz zu massiven Wahlunregelmäßigkeiten kam. So erschienen in Hakkari zum Beispiel zwei Tote auf den Wahllisten – und wählten auch. Das Militär, Angehörige der CHP, der MHP und zum Teil auch der regierenden AKP versuchten den Wahlausgang in erheblichen Maße rechtswidrig zu beeinflussen. 

Weitere Beispiele der Unregelmäßigkeiten sind:


·	Einem Unterstützer der unabhängigen KandidatInnen in der Nähe von Hakkari Stadt banden Spezialeinheiten des Militärs einen Bombengürtel um den Kopf und drohten, diesen zu zünden. Derartige Scheinhinrichtungen sind eine nicht hinnehmbare schwere Menschenrechtsverletzung.

·	Im Dorf Cigli standen Militäreinheiten direkt vor dem Wahllokal, notierten sämtliche Personalausweisdaten der Wähler und drohten mit verheerenden Sanktionen, falls die unabhängigen KandidatInnen gewählt würden. Erst bei der Ankunft einer u. a. vom Bundestagsabgeordneten Norman Paech entsandten Wahlbeobachtungsdelegation verließ das Militär den Ort. Soldaten hatten sich auch im Inneren des Wahllokals aufgehalten. 

·	In den Dörfern der Provinz Hakkari kam es zur Bedrohung und zum Zusammenschlagen der Bevölkerung durch Militär, Dorfschützer und Sicherheitskräfte. Den Betroffenen wurde gesagt, dass sie weitere Sanktionen wie Gewalt oder den Entzug der grünen Krankenversicherungskarte fürchten müssen, falls die unabhängigen KandidatInnen gewählt würden.
 
·	Die Stimmzettel der Dörfer im Wahlkreis Hakkari wurden zum Teil mit Militärhubschraubern, ohne Begleitung durch Wahlhelfer, zur zentralen Wahlstelle gebracht. Die Stimmenverteilung variierte aufgrund dessen zwischen den Auszählungsgängen erheblich. 

·	In vielen Dörfern kam es zu Bestechungen für die Wahl der Kandidaten der CHP und MHP oder der AKP. 

·	Sehbehinderte und Alte wurden rechtswidrig daran gehindert, mit Hilfe ihrer nächsten Verwandten zu wählen. 

·	Polizei und Militär hielten sich in unzähligen Fällen vor und in Wahllokalen auf. Laut Gesetz ist ein Abstand der uniformierten Kräfte von 100 m notwendig.

·	Ein Richter bedrohte Menschen, die Wahlbehinderungen bei ihm zur Anzeige bringen wollten. 


„Es ist erschreckend, dass bei den Wahlen in der Türkischen Republik - besonders seitens der dem Militär nahestehenden Parteien CHP und MHP, aber auch von Seiten der AKP – versucht wurde, die Wahl mit illegalen Mitteln zu beeinflussen und den Einzug unabhängiger Kandidaten ins Parlament zu verhindern. Der kurdisch-türkische Konflikt bedarf einer friedlichen und demokratischen Lösung. Dazu gehört auch, dass die kurdische Bevölkerung den Mehrheitsverhältnissen entsprechend im Parlament vertreten ist. Wahlbetrug, Drohungen und Gewalt sind in diesem Zusammenhang nicht hinnehmbar“, kommentiert Prof. Dr. Norman Paech, außenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Wahlverlauf und Wahlergebnis. 

Der chauvinistischen und destabilisierenden Politik der kemalistischen CHP und der faschistischen MHP, die unterschiedliche Komponenten der Interessen der militärischen Oligarchie vertreten, wurde mit dem Wahlausgang eine klare Absage erteilt. Im Idealfall beginnt die AKP nun, eine auf Demokratisierung und Menschenrechtsreformen orientierte Politik wieder aufzunehmen, und tritt dazu auch in einen konstruktiven Dialog mit den ParlamentarierInnen der DTP. In diesem Rahmen ist auch die Aufklärung der Wahlunregelmäßigkeiten in der Region Hakkari notwendig.



Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne unter 0176-20705646 zur Verfügung

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