[Pressemitteilung] G8-Repression: Klare richterliche Absage an G8-Schnellverfahren
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Do Apr 30 08:39:06 CEST 2009
Prozessbeobachtungsgruppe Rostock
Pressemitteilung vom 30.4.2009:
G8-Repression: Klare richterliche Absage an G8-Schnellverfahren
Von Heiligendamm bis Strasbourg: Parallelitäten offensichtlich
G8-Prozess in Rostock
Am Mittwoch, den 29.4.2009 fand im Landgericht Rostock ein fünfstündiger
Berufungsprozess gegen einen Bochumer G8-Gegner statt, der an den Protesten
gegen den Weltwirtschaftsgipfel 2007 in Heiligendamm teilgenommen hatte.
Zuvor hatte das Amtsgericht nur 4 Tage nach der Großdemonstration im
Rostocker Stadthafen bereits am 6.6.2007 den Beschuldigten zu 9 Monaten Haft
verurteilt, um in den Medien schnelle Erfolge präsentieren zu können.
Bei den sogenannten Schnellverfahren, die in den Räumen der Polizei
stattfanden, gab es nur eingeschränkte Möglichkeiten der Kommunikation
zwischen Angeklagten und Verteidigung; auf Befragung von ZeugInnen -
normalerweise zentrales Institut einer Gerichtsverhandlung - wurde gleich
ganz verzichtet. Der Richter entschied ausschließlich nach Aktenlage der
Polizei. Mit solchen Schnellverfahren wird kurzerhand, aber systematisch die
rechtsstaatliche Gewaltenteilung außer Kraft gesetzt.
Die Strategie, viele Verfahren einzuleiten und mit den Ergebnissen einiger
Schnellverfahren Polizeirepression vorschnell zu legitimieren, kommt immer
häufiger bei Massenprotesten zum Einsatz. Im Rahmen des G8-Gipfels wurden
über 1.700 Ermittlungsverfahren eingeleitet, von denen 97% eingestellt
werden mussten. Mit den eingeleiteten Ermittlungsverfahren verfolgte die
Polizei nicht vorrangig das Ziel, Straftaten aufzuklären, sondern
Aktivistinnen und Aktivisten abzuschrecken, von politischen Aktionen fern zu
halten und diese zu kriminalisieren.
Der Richter des Landgerichts musste im gestrigen Prozess bei der Befragung
der Berliner Polizeizeugen nicht nur feststellen, dass diese große
Erinnerungslücken aufwiesen, sondern auch, dass das Bezeugte, tatsächlich
Gesehene in keiner Weise dem Tatvorwurf entspricht. So fanden sich weder
Beweise noch Zeugenaussagen, die den Vorwurf des schweren Landfriedensbruchs
noch der Körperverletzung hätten untermauern können. Weder gab es nach
Auffassung des Landgerichts unfriedliche Handlungen aus der Richtung der
Demonstration, in der der Angeklagte sich aufhielt, noch könne man davon
ausgehen, daß ein leichter mit der flachen Hand ausgeführter Schlag an den
Helm eines Polizisten zur Körperverletzung führen würde. Stattgessen gab
der Polizist im Rahmen der Zeugenbefragung auch noch zu, den Angeklagten mit
der Faust ins gesicht geschlagen zu haben. Dem von der Polizeitruppe KAVALA
und dem Amtsgericht damals inszenierten Schnellgerichts-Spektakel wurde mit
der gestrigen Verfahrenseinstellung ein Ende bereitet. Den Schnellverfahren
wurde in der 2. Instanz wieder einmal eine klare richterliche Absage
erteilt.
8 Nato-Gegner im Strasbourger Gefängnis
Die gleiche Strategie vom G8 finden wir jetzt bei den NATO-Protesten in
Strasbourg wieder. Die Proteste in Kehl und Strasbourg gegen das 60-jährige
Bestehen des Militärbündnisses Nato wurden von einer massiven
polizeilichen und militärischen Überwachung und Repression begleitet. Die
großen Demonstrationen am 4. April auf deutscher und französischer Seite
wurden in Frankreich mit Tränengas, Gummigeschossen und Schockblendgranaten
beschossen und sollten somit verhindert werden. Im Zuge der Proteste kam es
zu zahlreichen Verhaftungen. Von den etwa 300 Festgenommenen befinden sich
noch 8 in Haft. Von ihnen wurden zwei mit dem oben beschriebenen unwürdigen
Schnellverfahren, das in Frankreich ähnlich ablief wie in Deutschland, zu
6-monatigen Haftstrafen ohne Bewährung verurteilt. Der Kontakt zu allen 8
noch einsitzenden Gefangenen wird durch die französische Justiz behindert.
Es handelt sich auch hier wieder um politische Schauprozesse. Die
Prozessbeobachtungsgruppe Rostock fordert für alle inhaftierten NATO-Gegner
die sofortige Freilassung!
Kontakt: (Melanie Rose: Tel. 01577-5706606)
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