[Pressemitteilung] NATO-Gipfel: Kampagne gegen « Embedding Justice »

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Mo Feb 16 18:44:28 CET 2009


Pressemitteilung der proaktiven Antirepressionsgruppe der zwei Ufer vom 
16.02.09 

* Proteste gegen Natogipfel
* Kampagne gegen « Embedding Justice » im Rahmen des NATO-Gipfels startete 
heute in Baden Baden

Im Rahmen eines Besuches im Amtsgericht Baden Baden verteilten Gegnerinnen 
und Gegner des Natogipfels heute Flugblätter an die dort arbeitenden 
Justizangestellten und hängten im Foyer ein Transparent mit der Aufschrift 
« Nein zur Nord Atlantik Justiz » auf. 

Hintergrund der heutigen Aktion ist die beabsichtigte Einbettung der Justiz 
in die Polizeistrukturen während des NATO-Gipfels. Auf der im Gerichtsfoyer 
abgehaltenen Pressekonferenz, erläuterte Hans-Dieter Mehring von der « 
proaktive Antirepressionsgruppe der zwei Ufer »: « Die Einsetzung von 
Richterinnen und Richtern des Amtsgerichtes Baden Baden in direkter Nähe 
der Gefangenen-sammelstellen setzt die rechtsstaatliche Gewaltenteilung 
ausser Kraft. Somit wird die Judikative direkt der fuer die 
Polizeimassnahmen des Gipfels verantwortlichen BAO Atlantik unterstellt. »

Dabei deutete das Verhalten von Gerichtsangestellten und der sofort 
herbeigerufenen Polizei darauf hin, dass sie gegen GipfelgegnerInnen eine 
scharfe Gangart einlegen wollen. Bereits zu Beginn des Pressegespräches 
wurden die 20 teilnehmenden AktivistInnen unter Androhung eines 
Strafverfahrens aus dem Gerichtsgebäude nach draußen gedrängt. Der 
Polizei war dies nicht genug. Sie hielt die Gruppe noch nach Ende der Aktion 
lange auf und bestand auf eine Personalienfeststellung. 

Melanie Rose von der Roten Hilfe Rostock erläuterte die Befürchtungen der 
GipfelgegnerInnen: « Beim dortigen G8-Gipfel 2007 wurden in den von der 
G8-Polizeitruppe Kavala eingerichteten Gefangenensammelstellen spezielle 
Richterzimmer eingerichtet, mit der Aufschrift « Kavala Justiz ». Der 
Zugang zu diesen Zimmern wurde rund um die Uhr von der Polizei kontrolliert, 
ein freier Zugang für AnwaeltInnen zu den Richtern war nicht möglich. 
Genauso grotesk liefen auch die Schnellverfahren vor diesen « 
Polizeirichtern » ab. Weder konnten sich die Angeklagten rechtmässig 
verteidigen lassen, noch konnten überhaupt Zeuginnen und Zeugen von den 
Angeklagten befragt werden. » 

Diese Zustände werden sich auch in Baden Baden wiederholen, befürchten die 
AktivistInnen, wenn sich die betroffenen Richterinnen und Richter nicht 
schon jetzt widersetzen und auf eine strikte Trennung der Gewalten pochen. 
Auch für die Zeit nach dem Gipfel werden für die Justiz katastrophale 
Zustände befürchtet, wenn dem beabsichtigten Treiben der Polizei kein Ende 
bereitet wird. Die Ankündigung von Innenminister Rech, massiv mit 
Ingewahrsamnahmen gegen Gipfelgegnerinnen und Gegner vorzugehen und das 
Fabulieren über Gefangegensammelstellen mit Kapazitäten für mehrere 
hundert Personen, wecken wiederum Erinnerungen an die über 1000 
willkürlichen Festnahmen in Heiligendamm. Das hatte für die Rostocker 
Justizbehörden eine immense Flut von 1700 eingeleiteten 
Ermittlungsverfahren zur Folge, von denen aber 97 % eingestellt werden 
mussten, da von Seiten der Polizei Straftatbestände konstruiert und 
Beweismittel zurechtinterpretiert wurden, um die Festnahmen zu 
rechtfertigen. 

In Folge dessen wurde die Rostocker Justiz für mehrere Monate lahmgelegt. 
Ähnliches wird auch hier passieren, und es könnte für die Baden-Badener 
Justiz nicht schlimmer kommen, denn die AktivistInnen wollen sich diesmal 
nicht so leicht von der Polizei abschrecken lassen. Auf den Flugblättern 
kündigten sie den Gerichtsbediensteten an, alle Rechtsmittel auszuschöpfen 
und auch kreative Massnahmen einzusetzen, um sich gegen willkürliche 
Repression zur Wehr zu setzen. 

« Angenommen, die Baden Badener Richter verurteilen, sagen wir mal, hundert 
Leute zu 50 Euro Bußgeld, weil diese auf einer Demo z.B. eine Clownsnase 
oder eine Schutzbrille trugen (Vorwurf : passive Bewaffnung?), würde, in 
einem solchem Fall ein ziemlicher Haufen Arbeit auf die Gerichtsbuchhaltung 
zukommen, denn es steht fest, dass die Bußgelder dann in 11-Cent-Beträgen 
von unterschiedlichen Konten überwiesen werden. So einfach wie in Rostock 
werden wir es dem Repressionssystem nicht mehr machen », so Rose. 

Die Initiative erwartet von den Richterinnen und Richtern im Vorfeld von 
solchen Gipfeln, daß sie mehr Rückgrat gegenüber der Polizei zeigen. Dies 
gilt auch für verwaltungsrechtliche Verfahren, die die Genehmigung von 
Demonstrationsrouten betreffen, welche durch polizeilich definierte 
Sicherheitsbereiche führen. 

Weitere Informationen und auf Anforderung auch Bildmaterial von der Aktion 
erhalten Sie unter 0152-01430544.