[Pressemitteilung] G8-Repression: Heute weiteres Strafverfahren eingestellt – Geht der Taucherbrillenprozess weiter?

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Di Mär 18 11:42:02 CET 2008


Prozessbeobachtungsgruppe Rostock
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Pressemitteilung vom 18.3.08:
G8-Repression: Heute weiteres Strafverfahren eingestellt – Geht der 
Taucherbrillenprozess weiter? 

Heute wurde vor dem Amtsgericht Bad Doberan ein weiteres Strafverfahren 
gegen einen 22 jährigen G8 Gegner aus Niedersachsen eingestellt. Die 
Staatsanwaltschaft warf ihm vor, während der Proteste gegen den G8 Gipfel 
am 7. Juni bei Hinterbollhagen gemeinsam mit anderen auf einer Straße 
gesessen zu haben, um den Zugang zum Gipfelgelände zu blockieren. Er wurde 
damals zusammen mit anderen verhaftet und knapp 2 Tage lang zunächst in den 
G8 Käfigen und dann im Gefängnis Bützow weggesperrt. Daß die 
G8-Polizeitruppe Kavala auch in diesem Verfahren nichts unversucht ließ, 
aus einer Mücke einen Elefanten zu machen, wie der Angeklagte erklärte, 
wurde schon im Vorfeld der Verhandlung deutlich. Wurde der Angeklagte im 
Ermittlungsverfahren zunächst eines schweren Eingriffs in den 
Straßenverkehr beschuldigt, mußte die Staatsanwaltschaft bei Abfertigung 
des Strafbefehls erkennen, daß dieser Vorwurf aufgrund des überhaupt nicht 
vorhandenen Verkehrs (die Polizei hatte schon alles abgesperrt) nicht mehr 
zu halten war. Anstatt das Verfahren aber nun einzustellen, sollte sich der 
Angeklagte heute wegen Nötigung verantworten. Die Staatsanwaltschaft 
beantragte eine Strafe von 15 Tagessätzen zu je 10 Euro.
Richter Röhl stellte jedoch auch dieses Verfahren ein gegen Zahlung von 50 
Euro an eine Behinderteneinrichtung: Es sei, so der Richter, nicht 
auszuschließen, daß der Beschuldigte sein Recht auf  Teilnahme an einer 
Versammlung ausüben wollte, anstatt Krawall zu suchen. Zudem sei er durch 
die erniedrigende Behandlung im Gefängnis in Bützow schon gestraft genug. 

Eine interessante Entwicklung gibt es jetzt in dem sogenannten 
Taucherbrillenprozess gegen einen Heidelberger. Vor vier Wochen sollte sich 
ein Demonstrant wegen Verstoßes gegen das Schutzwaffenverbot auf der 
Anreise zu einer Demonstration verantworten. Während der Durchsuchung eines 
Busses wurde bei dem Heidelberger eine Schwimmbrille gefunden. Die Polizei 
wertete dies als Waffe, um sich gegen Tränengas zu schützen und sperrte 
den Mann daraufhin für 2 Tage ins Gefängnis. Der Prozess vor vier Wochen 
platzte, weil die Staatsanwaltschaft wohl aufgrund öffentlich geäußerten 
Unverständnisses den Strafantrag zurückzog. Nun jedoch kartete die 
Staatsanwaltschaft nach und teilte der Anwältin des Heidelbergers mit, daß 
sie den Strafbefehl gar nicht zurückgezogen hätte sondern das Verfahren 
aufgrund geringer Schuld eingestellt habe. Dies ist tatsächlich ganz etwas 
anders als sie damals verlauten ließ und eine Einstellung hat im Gegensatz 
zur Rücknahme eines Strafbefehls die Konsequenz, daß der Beschuldigte auf 
den Anwaltskosten sitzen bleibt. Zudem will der Beschuldigte den Vorwurf 
nicht auf sich sitzen lassen, eine – wenn auch nur geringe Schuld auf sich 
geladen zu haben. Es müsse erlaubt sein, im Bus Schwimmbrillen mit sich zu 
führen und diese sogar auf Demonstrationen zu nutzen, um sich gegen 
Tränengas zu schützen, was die Polizei gegen andere Personen einsetze. Die 
Verteidigung hat aufgrund dieses unlauteren Vorgehens der Staatsanwaltschaft 
jetzt eine Kostenentscheidung beim Amtsgericht Rostock beantragt, mit dem 
Ziel, der Staatsanwaltschaft die kompletten Kosten aufzuerlegen, denn, wer 
so ein Verfahren beginnt, muß auch, wenn er es wieder beendet mit den 
daraus resultuierenden Kosten belastet werden.