[Pressemitteilung] G8-Repression: Anerkenntnisurteil vom Verwaltungsgericht Schwerin: Kavala räumt Rechtswidrigkeit der Platzverweise gegen G8 Gegner ein.

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Di Feb 5 13:37:26 CET 2008


Prozessbeobachtungsgruppe Rostock
(Kontakt: 0179-6268785 Dieter Rahmann) 

Pressemitteilung 

G8-Repression:
Anerkenntnisurteil vom Verwaltungsgericht Schwerin: Kavala räumt 
Rechtswidrigkeit der Platzverweise gegen G8 Gegner ein 

Mit einem Anerkenntnisurteil entschied jetzt das Verwaltungsgericht Schwerin 
auf eine Klage eines Bonner G8 Gegners, daß der mehrtägige Platzverweis 
gegen ihn während des G8 Gipfels komplett rechtswidrig war.
Der Bonner war damals in Bad Doberan in eine Polizeikontrolle geraten, 
daraufhin wurde ihm ein Platzverweis zwischen Kühlungsborn über Bad 
Doberan bis Nienhagen ausgestellt. Die Klage richtete sich im wesentlichen 
gegen die Willkür, mit der der Platzverweis begründet wurde. Anstatt, daß 
wie gesetzlich vorgeschrieben, eine konkret in der Person liegende 
Gefahrenprognose zugrunde gelegt wurde, hat man einfach einen in das 
Platzverweisformular hineinkopierten Textbaustein als Grundlage genommen, in 
dem auf eine allgemeine Gefährdung während des G8 Gipfels Bezug genommen 
wurde. Zudem war der Platzverweis nicht wie vorgeschgrieben auf maximal 1 
Gemeinde begrenzt, sondern umfaßte gleich 5! Gemeinden. 

In der Erwiderung auf die Klage erkannte die Polizeibehörde Kavala hier - 
wie schon zuvor bei mehreren anderen Klagen gegen Platzverweise - die 
Rechtswidrigkeit des Platzverweises sofort an. Damit wollte die Kavala, der 
die Haltlosigkeit der Platzverweise bewußt war, einem teureren regulären 
Richterurteil zuvor kommen. Zugleich beantragte die Kavala, die Kosten des 
Verfahrens dem Bonner Kläger aufzuerlegen. Genau dieses Begehren der Kavala 
wies das Verwaltungsgericht jedoch komplett zurück. Nach allgemein 
gültiger Rechtssprechung dürfen dem Kläger dann nicht die Kosten des 
Verfahrens auferlegt werden, wenn er davon ausgehen mußte, daß er nur vor 
Gericht Schutz vor der Polizeimaßnahme erlangen konnte. Tatsächlich so 
urteilte nun das Verwaltungsgericht Schwerin, mußte der Kläger davon 
ausgehen, daß die Polizei den Platzverweis tatsächlich durchsetzen würde, 
wenn der Kläger nicht vor Gericht zieht. Seine Klage war daher zur 
Rechtsverteidigung notwendig, deswegen müssen die Kosten für diese 
Rechtsverteidigung auch vollständig übernommen werden.
"Trotz dieses vollumfänglichen Sieges vor Gericht bleibt nach Auffassung 
der Klägerseite ein schaler Beigeschmack. Die Polizeitruppe Kavala hat es 
mit Hilfe von vielen hundert Platzverweisen geschafft, Datensätze von G8 
GegnerInnen zu speichern. Es ist zu befürchten, dass trotz festgestellter 
Rechtswidrigkeit der Maßnahme diese weiter in den polizeilichen 
Gefährderdateien gespeichert bleiben und für zukünftige Gefahrenprognosen 
herangezogen werden",  so der Anwalt des Bonner Klägers Sebastian Nickel.
Zudem hat die Polizei mittels der Platzverweise massiv in das 
Demonstrationsrecht eingegriffen und das Recht der Versammungsfreiheit 
außer Kraft gesetzt.
"Daß die Polizeiführung sofort nach Klageeinreichung ein Annerkentnis des 
Klägerbegehrens ausspricht - und zwar gleich duzendfach, zeugt davon, daß 
sie von der Illegalität der Polizeimaßnahme schon zum Zeitpunkt des 
Einsatzes überzeugt war", so Dieter Rahmann von der 
Prozessbeobachtungsgruppe Rostock. Es ist skandalös, daß die für den 
Einsatz von bewußt illegalen Maßnahmen verantwortlichen Polizeiführer 
noch immer nicht von der Staatsanwaltschaft angeklagt worden sind. Inwieweit 
durch dieses Urteil die anderen knapp 1000 Betroffenen von Platzverweisen 
ermutigt werden, ebenfalls zu klagen und eine Riesenkostenwelle auf die 
Polizei zurollt, muß abgewartet werden.