[Pressemitteilung] G8-Gipfel / Utrecht: Fahrradkarawane-Aktivistin auch nach 48 Stunden immer noch in Haft

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Mo Mai 7 18:06:44 CEST 2007


*Presseerklärung des Fahrradkarawanen Infobüros in Rostock* 

 Weitere Informationen: Info-Büro der Fahrradkarawanen in Rostock,
 Andree Narres: +49 – 160 – 953 14 023 

G8-Gipfel: Eine Fahrrad-Aktivistin auch nach 48 Stunden weiterhin noch in 
Haft 

 --- 48 Stunden Haft wegen Radfahren abseits der Radwege - Anti-G8-Karawane 
protestiert aufs Schärfste gegen unverhältnismäßigen Polizeieinsatz und 
Mißhandlungen --- Juristisches Nachspiel für Festgenommene und Polizei 

Auch nach 48 Stunden Haft wurde die letzte der 100 Anti-G8 
FahrradaktivistInnen, die am Samstag in Utrecht (Niederlande)  festgenommen 
worden waren heute, noch immer nicht freigelassen. In einer offenbar im 
Voraus geplanten Polizeiaktion waren die TeilnehmerInnen der Fahrradkarawane 
und UnterstützerInnen am Samstag festgenommen worden als sie die Stadt 
verlassen wollten. Die FahrradfahrerInnen waren ohne Vorwarnung plötzlich 
von einer polizeilichen Spezialeinheit mit gezogenen Schlagstöcken sowie 
berittener Polizei eingekesselt worden. Unter dem Vorwand, die 
RadfahrerInnen wären nicht auf dem Fahrradweg gefahren, begann die Polizei 
dann alle festzunehmen. Die Fahrräder wurden beschlagnahmt und 
abtransportiert, wobei Schlösser aufgebrochen und zahlreiche Fahrräder 
beschädigt wurden. Nach ihrer Freilassung berichteten DemonstrantInnen von 
unverhältnismäßiger Polizeigewalt während der Festnahmen. 

Die Mißhandlungen setzten sich in den Zellen fort. Über Stunden wurden die 
GipfelgegnerInnen in überbelegten Zellen festgehalten - 25 Personen in 
einer 4x4m großen Zelle - wo sie wegen der fehlenden Belüftung unter 
Sauerstoffmangel litten und nicht mit Essen versorgt wurden.  Als Nachts die 
ersten DemonstrantInnen freikamen, häuften sich Berichte über 
Einschüchterungsversuche der Polizei. "Sie sagten uns, was sie heute getan 
hätten sei tolerant gegenüber dem, was sie mit uns anstellen würden, wenn 
wir weitere Aktionen durchführen sollten" sagte Antje, eine Teilnehmerin 
der Karawane. 

Für die internationalen Mitglieder der Karawane kamen die Festnahmen und 
das gewalttätige Vorgehen der Polizei ebenso überraschend wie 
niederländische AktivistInnen. "Das war für niederländische Verhältnisse 
eine sehr ungewöhnliche Polizeiaktion" sagte Antje. "Ich mache seit Jahren 
Fahrradaktionen und kann mich nicht erinnern, daß soetwas schonmal passiert 
ist." Andree Narres vom Infobüro der Fahrradkarawanen ist empört: "Ich 
finde keine andere plausible Erklärung, als daß Politik und Polizei alle 
Hebel in Bewegung setzen, um jeglichen Protest  schon im Vorfeld des 
G8-Gipfels zu verhindern, zu schikanieren und zu kriminalisieren." Es 
bestehe die Befürchtung, daß die Aktion durchgeführt worden sei, um der 
Fahrradkarawane die Einreise nach Deutschland zu erschweren. "Die Polizei 
hat viele festgenommene Personen schließlich nicht wegen der bloßen 
Ordnungswidrigkeit des Radfahrens auf der Straße angezeigt, sondern wegen 
angeblichen Widerstandes gegen die Staatsgewalt, ein Straftatbestand, der 
vor Gericht verhandelt wird." 

"Wir werden uns aber nicht einschüchtern lassen" sagt dazu Antje. 
Tatsächlich nahmen am Sonntag trotz der für die meisten bis tief in die 
Nacht andauernden belastenden Hafterfahrung auch freigelassene Mitglieder 
der Fahrradkarawane an den zuvor geplanten Aktionen teil; im nahegelegenen 
Zeist kam es zu einer antirassistischen Inspektion eines Abschiebelagers und 
in Utrecht versammelten sich 50 Personen zu einer lautstarken Demonstration 
vor der Polizeiwache. Ihren Zeitplan konnte die Karawane jedoch nicht 
einhalten - die politischen Gruppen in Nimwegen, die das Eintreffen der 
Karawane zum Auftakt der lokalen Anti-G8 Aktionstage nutzten wollten, 
mußten alleine beginnen. 

Ein juristisches Nachspiel soll der Vorfall aber nicht nur für die 
Fetsgenommenen haben. Die Rechtshilfe Utrecht will zusammen mit vielen 
Betroffenen die Polizei wegen des unverhältnismäßigen Polizeieinsatzes 
und der Haftbedingungen zur Rechenschaft ziehen. Außerdem wird die Polizei 
wegen der beschädigten Fahrräder und aufgebrochenen Schlösser wegen 
Sachbeschädigung angezeigt. Die Rechtshilfegruppe hofft, daß auch die 
letzte Festgenommene im Laufe des Abends freigelassen wird. Solange das 
nicht der Fall ist, hat die Karawane zu Soliaktionen aufgerufen - "bis alle 
draussen sind und sämtliche Fahrräder zurückgegeben wurden", sagt Andree 
Narres. 

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